GOTT SIEHT (NACH) UNS (PSALM 139,1) 18.02.2001 M/A


E.

M.

Unsere Gesellschaft trägt mehr und mehr voyeuristische und exhibitionistische Züge, der gläserne Mensch wird gesellschaftsfähig, d.h. dass wir Sachen sehen und zeigen, die eigentlich keinen etwas angehen. Also gibt es freiwillige Entblössungen und unfreiwillige Bloßstellungen, öffentliches Gericht ohne eingesetzte Richter, Schande mit und ohne Schuld. Mehr und mehr Menschen werden Eigentum der Öffentlichkeit. Kein Wunder, dass (Schutz-)Masken aufgezogen werden, Theater und bestimmte Rollen gespielt werden.


Daher kann man verstehen, dass es nicht selbstverständlich frohmachend ist, dass Gott uns sieht und wachsam begleitet. Ist er nicht der „big brother“, der uns wie es George Orwell in seiner Horrovision beschrieben hat, ständig überwacht und kontrolliert. Für Kinder und deren Eltern mag das Sehen Gottes noch tröstlich und beruhigend klingen. Für die Eltern und Erwachsene in Bezug auf sich selbst, kann es beunruhigend, ja beengend wirken.

Ps.139,2-5 : Will ich das? Ist das automatisch so?


A.

Ich habe zum (Jahr des) Mündigwerden(s) aufgerufen. Dieser Psalm dokumentiert die Perspektive eines Menschen, der vor Gott, unter Gott, mit Gott lebt. Dieser Mensch ist Gott verpflichtet, ihm verantwortlich, auch als Erbe seiner Güter und Verheissungen, wovon wir auch gehört haben.

Bist Du neidisch auf Stars oder ganz froh, nicht ständig im Rampenlicht stehen zu müssen. Wie auch immer: Es gibt eine geistliche Wirklichkeit und eine geistliche Öffentlichkeit. Die Bibel spricht (Hebr.12,1) von einer „Wolke von Zeugen“ und einem Lauf im Stadion (1.Kor.9), angesichts von Freund und Feind. Die Romane von Peretti und LaHaye haben zumindest diesen Dienst erwiesen, diese Dimensionen als Teil der Wirklichkeit in Erinnerung zu rufen.

Wie finden wir zu einem positiven Bild dieser Wirklichkeit?

Es ist schon ein Unterschied, ob ich den kontrollierenden Blick des „Big Brothers“ oder die wohlwollend-ermutigende Beobachtung des himmlischen Vaters erwarte, der mich auch ermahnt, aber doch immer positiv herausfordert.

Im Psalm 139 ist davon die Rede, wie Gott uns geschaffen hat. Daher sieht er auch das verborgene unseres Herzens, während der Mensch nur sieht, was vor Augen ist und sich äusserlich abspielt und dadurch getäuscht werden kann (1.Sam.15). Dennoch bricht Gott nicht in unser Herz, das er selbst gebildet hat, ein, sondern wartet auf unsere Einladung in das Zentrum unseres Wollens und Seins.

Wertet es dich nicht auf, so viel Aufmerksamkeit in der unsichtbaren Welt von Gott, dem Vater, seinen Engeln, der Wolke von Zeugen und vom Widersacher Gottes zu geniessen. Du bist wichtig, ob du das willst oder nicht, ein VIP.


I.

Gott ist kein unbeteiligter Zuschauer.

Er ist weder schadenfroh noch untätig. Er hat in Jesus nach uns gesehen und sich gleichzeitig selbst geoffenbart und presigegeben. Er hat sich nicht versteckt, nichts zurückgehalten. Seit Jesus ist es kein Geheimnis mehr, wer und wie Gott ist, weil Gott in Ihm leibhaftig präsent war. Er sieht nach uns, indem er unser Leben teilt, er kommt in den Container der Welt, in den Container unseres kleinen Lebens hinein und will sich um den Müll kümmern, in dem wir zu ersticken drohen. Er will ihn rausbringen: Joh.1,35: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegträgt.“ Keine Verlagerung, sondern ein Endlager am Kreuz von Golgatha.

Daher ist es eins der grössten Missverständnisse, wenn wir Gott ebenso wie unserem Chef, Nachbarn, dem Freund, der Freundin nur unsere Schokoladenseite zeigen wollen. Dafür ist Jesus gar nicht gekommen, die kennt er sowieso. Aber er doch gerade für unbewältigte, uns übefordernde, schuldhafte Bereiche gekommen, in die wir keinem Menschen so ohne weiteres Einblick geben würden. Er wendet sich nicht angeekelt oder angewidert ab, sondern kümmert sich darum.

II.

Joh.1,35-39.

Wir bekommen Jesus nicht unbeteiligt, fern-sehend, zu Gesichte, nicht im Reagenzglas eines Versuchslabors, nicht im Zoo-Exotarium hinter einer Glaswand, sondern nur in der direkten Begegnung 1 zu 1. Da sind wir baff wie Simon und Nathanael, dass der Herr einen Blick in die Vergangenheit und Zukunft unseres Lebens werfen kann, während er uns in der Gegenwart begegnet. In der Begegnung mit ihm, lernen wir ihn kennen (“kommt und seht!“), werden aber auch mit unserer vielleicht leidvollen Geschichte und Schuld, mit unseren Abwegen, aber auch mit dem Ausweg konfrontiert.

Sieh das doch mal positiv! Ist das nicht erlösend, befreiend, vor Gott alle Masken von Stärke und Sicherheit fallen lassen zu können?

Das ist für mich keine Freiheit, wenn man sich im Karneval Masken aufzieht, sich verkleidet und versteckt, um aus sich herauszugehen, sich ausleben zu kennen, weil keiner einen (er)kennt. Ich zweifle auch den therapeutischen Wert solcher Massnahmen allein schon wegen des vorprogrammierten Katzenjammers an. Man kann sich auch hinter Uniformen, Modeerscheinungen und Trends verstecken, sich Rollenmasken aufziehen, ohne wirklich man selbst zu sein. Das ist keine Freiheit.

Bei Jesus hört das Theaterspielen auf, es darf aufhören. hier komme ich vor mit Schwachheiten, Ängsten und Sorgen, hier kann ich zu meiner Schuld und meinem Versagen stehen. Das ist Erlösung, in der Begegnung mit ihm, die Sünden zu erkennen und zu bekennen.

Immer, wenn wir Jesus sehen, sehen wir auch einen Teil von uns, unsere Schuld, aber auch die ewig gültige Erlösung. Wenn du Jesus als Gekreuzigten siehst, sieht deine Schuld und dein Heil, wenn du ihn als Auferstandenen siehst, erkennst du die Wund- und Nägelmale an seinen Händen und Füssen und in seiner Seite. Wenn Du ihn als erhöhten Herrn siehst, erscheint er als vor Grundlegung der Welt geschlachtetes, das heisst dafür bestimmtes Lamm Gottes.


Jesus ist hier. Öffne ihm dein Leben. Lass dich auf eine (neue) Begegnung mit ihm ein. Lege alle auch frommen Masken ab. Gib dich ihm zu erkennen! Wenn du ihn erforschen willst, lass dich von ihm erforschen: Ps.139,23-24


A.

III.

Er ist unsere Zukunftsvision: Joh.1,49-51; ihn zu (er)kennen ist ewiges Leben: Joh.17

Was und wen willst du sehen? Dann sieh hin auf den Anfänger