Die geistliche Bedeutung von Essen und Trinken (Anskar 9.9.12)

 

Anknüpfungspunkt vom letzten Mal:

Gemeinschaft / koinonia mit Gott: Essen Abrahams mit den drei Männer und die sich aus dieser schlichten Mahlgemeinschaft entwickelnde geistliche Dimension der Verheißung an Abraham und Sara und der Einbeziehung in Gottes Absichten bezüglich Sodom. Dann ging es um das Mahl, das Ester als Grundlage ihrer Fürbitte für ihren Mann Ahasveros bereitet hat.

Das Essen spielt in der Bibel eine relativ große bzw. durchgehende Rolle:

Mit dem Essen beginnt die Tragödie des Menschengeschlechtes, mit einem Essen wird der  endgültige Sieg über sie gefeiert. Vom paradiesischen Baum der Erkenntnis aßen unsere Vorfahren, vom Baum des Lebens sollen wir nach Jesu Verheißung im Sendschreiben essen dürfen. (Off.2,7)

Mit Essen und Trinken beginnt die übernatürliche Wirkungszeit Jesu, mit dem letzten Essen und der Einsetzung des Abendmahles beendet er sie.

Mit Essen und Trinken wird jeder Bund in kraft gesetzt, mit dem himmlischen Hochzeitsmahl und dem Essen in seinem Reich findet der Bund mit Gott seine Erfüllung.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass

*     nichts geistlich Relevantes ohne die Dimension des Körperlich-Sichtbaren und sogar Essbaren geschieht,

*     mit dem natürlichen Essen und Trinken immer eine geistlich-übernatürliche Dimension verbunden ist.

Das ist auch der Grund, warum sich Gottes Heilshandeln auf den ganzen Menschen bezieht und wir unser Leben mit Haut und Haaren mit ihm in Verbindung bringen dürfen und sollen.

Das entspricht dem ganzheitlichen hebräischen Bewusstsein und steht dem dualistischen abendländischen vom Griechentum geprägten Denken entge-gen. Im Hebräischen ist das Gehen das Wandeln, die Seele die Gurgel, die Nase der Zorn, das Blut das Leben. Die griechischen Irrtümer im nichtchrist-lichen Gewand der Stoiker oder Epikureer oder im christlichen der Gnostiker trennten strikt den sichtbaren und unsichtbaren Bereich, wodurch entweder Gott oder der Leib oder beide missachtet wurde. Spätestens seit dem Kom-men Gottes in Jesus in unser Fleisch und Blut ist unser diesseitiges Leben, unser Körper und auch unser Essen und Trinken in den unmittelbaren Zusam-menhang mit Gott gestellt worden. Somit wird das Essen zu einem göttlichen Brückenschlag sowohl in unseren Alltag hinein als auch in die Ewigkeit.

Petrus sagt: Wir, die handverlesenen Zeugen haben mit ihm nach seiner Auferstehung gegessen und getrunken (Apg.10,41). Was? Chips, Cola, Kaffee, nein: Brot und Fisch (Lk.24,43; Joh.21,9.13). Was halt so da war. Vielleicht schmeckte es Jesus gut und er hat es selbst angegrillt auf dem Holzgrill. Jesus hatte überhaupt den zweifelhaften Ruf, sich gern zum Essen einladen zu lassen und das Leben in Gemeinschaft mit allen möglichen Leuten zu genießen; sogar für Überfluss an gutem Wein hat er gesorgt, wenn es darauf ankam. Wie gern kam er mit seinen Jüngern zur letzten Passahfeier zusammen (Lk.22)! Gerade bei der Passahfeier ist mit dem äußeren Essen eine tiefe symbolische Bedeutung des Heilshandelns verbunden oder, umgekehrt gesagt, wird die geistliche Urgeschichte der Errettung sichtbar beim Essen des Verschonungslammes, des ungesäuerten Brotes und der Bittekräuter demonstriert und gedenkend gefeiert.

 

Auch der gewaltige Bundesschluss am Sinai beinhaltet beides: Gottes hörbares Reden aus der Ewigkeit heraus, gewaltige Naturereignisse, das Erblicken Gottes und das schlichte Essen der Ältesten als Repräsentanten des Bundesvolkes, die statt zu unterschreiben damit den Bund mit Gott ratifizieren. (2.Mose 24,9-11)

 

Was wird gegessen?

Es geht hier nicht um Ernährungstipps, obwohl die Frage von Bedeutung ist, was wir in uns aufnehmen. Essen bedeutet Verbindung, Teilhabe, koinonia in gewissem Sinne Gleichmacherei. Die Japaner essen Sushi, die Deutschen Kartoffeln, die Russen Borschtsch. Das verbindet. Die Israeliten haben alle das Lamm gegessen, dann haben in der Wüste alle vierzig Jahre lang das Manna, die ihnen von Gott zugedachte Nahrung, zu sich genommen. Paulus betont das Wort alle: Ich möchte allerdings nicht, Geschwister, dass ihr ignoriert, dass unsere Vorfahren sich alle ständig unter dem Schutz der Wolke befanden und allesamt durch das Meer hindurchgegangen sind und so sind alle in bezug auf Mose in der Wolke und im Meer untergetaucht worden und haben alle dasselbe geistgewirkte Nahrungsmittel gegessen und alle dasselbe geistgewirkte Getränk getrunken; sie haben nämlich aus einem sie begleiten-den Felsen getrunken; der Felsen stand aber für den Messias. (1.Kor.10,1-4)

Hier klingt auch die geistliche Dimension der Herkunft ihrer Nahrung und des Wassers an. Denn schon Mose wusste, dass der Mensch nicht vom sichtba-ren Brot allein lebt, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes geht. Diese Nahrung verbindet uns mit vielen Menschen auf dem Planeten.

Auch Jesus stellte oft eine Verbindung zwischen dem Geistlich-übernatürli-chen-Unsichtbaren und dem Natürlich-Sichtbaren-Greifbaren her, um Gottes Wesen und Liebe zu demonstrieren. Deshalb heißen bei Johannes die Wunder Zeichen, weil sie etwas zeigen von Gott. In Johannes 6 wird geschil-dert, wie Jesus die Menschen erst mit dem Wort Gottes und dann irdischem Brot gespeist hat, indem er das, was ihm zur Verfügung gestellt wurde segnete, was wiederum die Jünger weiter brechen und austeilen sollten, ein wunderbares Symbol für das Weitergeben von geistlicher und irdischer Speise unter der vermehrenden und segnenden Hand des Herrn.

Die unbegreifliche Steigerung ist dann, dass er sich selbst als das ihnen und uns geschenkte Brot zum Leben und sein Blut als reales Getränk bezeichnet. Im Abendmahl kommen wir diesem Geheimnis des Glaubens in der Verbin-dung mit einer von Ihm angeordneten sichtbaren Zeichenhandlung nahe. Diese Gemeinschaft, die koinonia, Teilhabe bezieht sich also nicht nur auf das, was von Ihm kommt, sondern auf Ihn selbst. Er ist selbst das Brot, an dem wir teilhaben. Das Brot steht für seinen Körper.

 

Damit wird nicht nur die Frage beantwortet, was wir essen, sondern auch mit wem. Denn beim Mahl schwingt immer die Dimension des Leibes Christi als Universal-Gemeinde mit. Wir lesen davon in 1.Kor.10 weiter hinten in den Versen 16-17: Der Becher des Segens, den wir immer wieder segnen, bedeutet er etwa nicht Teilhabe am Blut vom Messias? Bedeutet das Brot, das wir immer wieder brechen, etwa nicht Teilhabe am Körper vom Messias? Weil nur ein Brot da ist, sind wir als die vielen nur ein Körper; wir alle bekommen nämlich von dem einen Brot etwas ab.“

Das Brot steht also für die vertikale Dimension der unsichtbaren Beziehung zu Gott und gleichzeitig für die horizontale Dimension der sichtbaren Gemeinde Jesu am Ort und der weltweiten Universalgemeinde.

Man muss dabei übrigens unterscheiden zwischen dem Brot, das seit der Speisung der 5000 und dem ersten Mahl gebrochen wird, und dem Leib des Herrn, der als Ganzopfer dem Passahlamm nachgebildet und nicht gebrochen wurde. Darauf legt Johannes in 19,36 wert mit der Begründung: Das ereignete sich nämlich, damit die Schriftstelle in Erfüllung ging: 'Kein Knochen wird ihm zerbrochen werden.'

Hier wird wöchentlich das Abendmahl gefeiert, in vielen Gemeinden weltweit ist immer noch der erste Sonntag im Monat ein typischer (nicht der einzige) Tag dafür, sodass wir heute verbunden sind z.B. mit Hillsong, einer Jugend-gemeinde in Indonesien, verfolgten Christen im Iran, in der Türkei und in Israel, die schon Abendmahl gefeiert haben, mit vielen Christen in Afrika, die heute Lordssupper begehen. Nach uns werden die Amerikaner im Bibelbelt, aber auch im Hochsicherheitsgefängnis Los Olmos in Argentinien das Mahl des Herrn feiern.

Die Perspektive des Himmelreiches ist, dass wir dort eines Tages sogar mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch sitzen werden. (Mt.8,11)

Es ist faszinierend, dass Petrus sagen konnte: Wir haben mit dem Auferstandenen gegessen und getrunken. Was für eine Wertschätzung des Auferstehungsleibes und unserer irdischen Nahrung. Aber wir könnten auch mit Jesus essen und trinken nach seiner Auferstehung, wenn wir ihn in unsere Mahlzeiten einbeziehen.

Als aber einer das hörte, der mit zu Tisch saß, sprach er zu Jesus: Selig ist, der das Brot isst im Reich Gottes! (Lk.14,15) Das können wir heute schon, weil das Reich Gottes schon angebrochen ist.

Lasst uns dies beim Abendmahl, aber auch im schlichten Ausüben von Gastfreundschaft wahrnehmen, wenn wir jemandem ein Glas Wasser reichen, die Unsrigen versorgen. Dann wird jeder Tag nicht der Sorge um Essen und Trinken, sondern dem Feiern der Gegenwart Jesu in unserem Alltag gewidmet sein.

Und lasst uns das Abendmahl feiern mit der Perspektive Jesu, der gesagt hat: Gewiss trinke ich einmal nicht von diesem Erzeugnis des Weinstocks bis zu jenem Tag, wenn ich es dann in Gemeinschaft mit euch als etwas Neuartiges im Königreich meines Vaters trinke." (Mt.26,29)